Ein Blick auf die FLIMMO-Internetpräsenz

Ich glaub bei mir Flimmo-t es!

Das aktuelle FLIMMO-Magazin
Das aktuelle FLIMMO-Magazin

In der letzten Woche brachte unsere Tochter Post vom Niedersächsischen Kultusministerium aus der Schule mit nach Hause.

Im DIN A5-Umschlag war FLIMMO, ein Heft zur Programmberatung für Eltern. Ich freute mich darüber. Hatte ich doch erst vor wenigen Tagen in einem Artikel beklagt, wie wenig gute Fernsehserien und so weiter es im Fernsehen für Kinder gibt.

Das Magazin hat mich allerdings mehr als enttäuscht. Ich wurde sogar richtig wütend. Bevor das Magazin in die Bewertung einzelner Sendungen einsteigt, sind einige Artikel vorgeschaltet. Begonnen wird mit Hinweisen für Eltern der Kleinsten. Laut FLIMMO entscheiden die Eltern wann ihr Kind anfängt zu gucken und wieviel. Das stimmt zwar absolut. Aber was nützt ein solches Magazin, wenn es nicht mal einen Hinweis gibt. Eine Empfehlung, denn ich dachte dafür sei das Magazin da? Man soll das Vorschulprogramm aufzeichnen, weil es ja zu so „wenig familienfreundlicher Zeit“ ausgestrahlt wird. Dadurch können die „Kleinen ihre Lieblingsserie so oft ansehen, wie sie wollen„. Auch wieder kein Hinweis darauf, dass Vorschulkinder keine Dauerfernsehgucker sein sollten. Eher das Gegenteil …

Das vorhergehende Heft
Das vorhergehende Heft

Eine Sendung, die empfohlen wird, um die eigene Umwelt zu entdecken und soziales Lernen zu fördern, ist „Tom und das Erdbeermarmeladenbrot mit Honig“. Und das ist mit Abstand der größte Quatsch, den ich in den letzten Jahren gesehen habe. Und ich schätze ansonsten die Bemühungen des KI.KA sehr.

Im Empfehlungs-Teil des Heftes geht es dann so richtig rund. Es sind fast nur empfehlenswerte Sendungen aufgeführt. Das System einer Ampel-Bewertung ist nicht schlecht, allerdings funktioniert es nur, wenn man den Mut hat auch ungute Noten zu geben. Auf den ersten drei Seiten sind genau zwei von 29 Sendungen mit der Note „Nicht für Kinder“ versehen. Und das sind „Alarm für Cobra 11“ und „Aktenzeichen XY“. Also mal ehrlich? Das sind Uhrzeiten, zu denen Vorschulkinder überhaupt nicht fernsehen sollten!  Berwertet wird alles zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr. Wo bleiben die Hinweise darauf, dass Kinder, die zur Schule gehen, so spät längst im Bett liegen sollten?

Na gut, es scheint wirklich Eltern zu geben, die nicht wissen, dass „Aktenzeichen XY“ nichts für Kinder ist. Und das ist eine allein schon gruselige Vorstellung. Aber wer losgeht und die Serie ALF bereits für 3-Jährige als empfehlenswert einstuft, der ist für mich ungeeignet, für ein Ministerium solch ein Magazin herausgeben zu dürfen. Dreijährige verstehen so ein ironisches Format überhaupt nicht. Das ist voll mit Dingen, die meine Große als Erstklässlerin noch nicht verstehen würde. Die würde ständig fragen: „Was meint er damit?“

Die Serie das A-Team, die Serie Betrugsfälle und Desperate Housewives bekommt eine mittlere Bewertung. Haben wir nicht eben gelernt, dass es Eltern gibt, die keinen Plan haben? Wenn man denen sagt, dass es drei Noten gibt rot, gelb und blau, dann sortieren die doch nur blau aus. Vor allem werden bei den gelben Benotungen auch keine Altersangaben mehr gemacht. Dann ist es ok, mit seinem 11-jährigen Kind Desperate Housewives zu gucken, man sitzt dann ja dabei und hilft den ironischen Unterton der Serie zu verstehen??? Sowas gehört für mich auf die Note „nicht für Kinder„!

Mr. Bean, die Cartoon-Serie, wird ab 7 Jahren empfohlen. Ohne irgendwelche Einschränkungen. Dabei hatte das Magazin bereits festgestellt, dass Kinder Probleme haben mit Ironie. Wie es da mit englischem Humor aussieht ist keine Frage???

Ich habe kaum eine Zeichentrickserie gefunden, die nicht uneingeschränkt empfohlen wird. Als Animationsserie bekommt Star Wars: The Clone Wars eine Einschränkung, X-Men sind ebenfalls eingeschränkt empfohlen. Das war es dann, die meisten anderen gelb markierten Serien sind aus meiner Sicht Formate für Erwachsene!

Ein Blick auf die FLIMMO-Internetpräsenz
Ein Blick auf die FLIMMO-Internetpräsenz

Wenn sich ein Ministerium bemüht, ein solch umfangreiches Projekt zu unternehmen, dann sollte es sich dabei mehr um echte Beratung und Hilfe bemühen. Dieses Heftchen ist nett gemeint, macht aber den Anschein, als habe man nicht den Mut bestimmten Sendern mit ihren Sendungen „für Kinder“ auf die Füße zu treten.

Zu guter Letzt wird man dann noch gebeten zu spenden, damit das mit FLIMMO so weitergehen kann. Die Spende ist, so die Angabe im Heft, steuerlich absetzbar. Na dann mal los! Von mir gibts dafür keinen Cent, eher ein „Setzen 4—„. Und das auch nur, weil die Idee wirklich gut und richtig ist. Wenn das Ministerium sich melden möchte: Ich gebe gern ein paar Hinweise aus Eltern-Sicht dazu!



4 Comments

  1. Tja, schade, daß das ganze letztlich doch nur halbherzig umgesetzt wurde. Aber ganz ehrlich gesagt verlasse ich mich sowieseo nur im Notfall auf Ratschläge dritter. Wenn es geht, schau ich mir das, was meine Kinder sehen wollen, mindestens einmal selbst an. Manchmal sind es ja ja auch gar nicht so offensichtliche Sachen wie Gewalt, die bedenklich sind, sondern vielleicht wird da auch einfach eine rücksichtslose Haltung zu anderen unkritisch gezeigt. Und sowas findet man dann nicht unbedingt in solchen Bewertungen wieder.

    • Da bin ich voll deiner Meinung, aber es gibt einfach zu viele Eltern, die ihre Kinder einfach vor dem Fernseher absetzen. Diese zu versuchen zu erreichen und etwas zu bewirken finde ich sehr sinnvoll. Schade, dass hier m.E. das ausgegebene Geld verloren geht …

  2. Ich stimme Kristin absolut zu. Das ganze Projekt glänzt gerade so vor Halbherzigkeit. Das gefährliche daran sind in meinen Augen diejenigen Eltern, die nicht reflektieren, sondern dieses „offizielle Manifest“ als absolute Wahrheit hinnehmen.

    Richtig gut finde ich, dass man auf der Website eine Rezension von „The Sixth Sense“ findet. Auch, wenn das eher seichter Gruselstoff ist, finde ich allein den Gedanken daran, diesen seinen Kindern vorzuführen, höchst fragwürdig.

    [zitat] Auch wenn die Geister den Jungen nicht direkt körperlich angreifen, sind die seelischen Qualen, die er leidet, offen sichtbar. Die gruselige Stimmung des Films und vor allem die Darstellung der Geister können Kindern schwer zu schaffen machen. [/zitat ende]

    Und genau deshalb ist das ja auch kein Kinderfilm! Menschen, die ihren (kleinen) Kindern sowas zumuten, kann auch FLIMMO nicht mehr helfen.

    UND: sie haben in ihrem Artikel des Ende von „The Sixth Sense“ verraten 😉

    Bei dem Maßstab müssten „Ring“, „Rambo“ und „Saw“ auch das Prädikat „Mit Ecken und Kanten“ bekommen. Da kann man wirklich nur mit dem Kopf schütteln…

    • Ich war auch wirklich verwundert, welche Maßstäbe hier angelegt werden. Und ich komme schon über ALF mit 3 nicht hinweg …