Im Gespräch mit Daniel Nagel – Ein junger Autor plaudert aus seinem Nähkästchen

Geschichte(n) machen ist sein Hobby - Daniel Nagel

Wir sind wieder im Gespräch. Und ich präsentiere euch stolz mein erstes Gespräch mit einem Mann. Bisher habe ich durchweg tolle Frauen interviewt. Es wird also Zeit.

Daniel Nagel ist Autor. Er schreibt Krimis, Novellen und auch Theaterstücke. Und so haben wir uns kennengelernt. Daniel Nagel hat mit meinem Theaterprojekt zusammen zwei Stücke geschrieben, die wir sehr erfolgreich inszenieren konnten. Auf diesem Weg habe ich seine Arbeit schätzen gelernt. Eine Arbeit, die sein Hobby ist. Seine eigentliche Arbeit ist eine ganz andere und nicht im Ansatz so interessant wie Daniel und seine Hobbys. Und auch das ist neu. Denn bisher habe ich im Gespräch immer über die interessante Arbeit meiner Interviewpartner berichtet. Daniel ist Gründer von Dead Girl Walking Press, kurz DGWP. Einer Kreativgemeinschaft, die nicht nur junge Leute versammelt, die gern schreiben, sie gibt ihnen auch die Möglichkeit gemeinsam zu schreiben. So werden in Gruppen Bücher gemeinsam verfasst und auch veröffentlicht. Und das kann ich von ganzem Herzen bestätigen: Mit Daniel ein Buch zu schreiben ist ein großer Spaß!

LandundKind: Daniel, du schreibst Bücher. Ein Hobby, ein Beruf oder eine Berufung?

Meiner Meinung nach ist die richtige Antwort eine Mischung aus diesen drei Komponenten. Ein Hobby, weil es eine mehr als erfüllende Freizeitbeschäftigung ist. Ein Beruf, weil es ähnlich zeitaufwendig ist wie eine Vollzeitbeschäftigung und eine Berufung, weil da wirklich eine innere Stimme ist, die mir sagt: „schreib das auf!“

LandundKind: Das letzte Werk das du abgeschlossen hast ist „Aus der Tiefe“ – eine Novelle, die den Lesern eine Gänsehaut machen soll. Wie passt das zum inzwischen routinierten Komödienschreiber?

Ich glaube, dass die Komödie und die Gruselgeschichte nicht so weit auseinanderliegen, wie man meinen könnte. In beiden Stilrichtungen geht es darum, beim Leser (oder beim Zuschauer) eine bestimmte Emotion zu wecken. Das ist ähnlich wie beim Backen: die Zutaten sind im Grunde identisch, so dass es von mir als Bäcker abhängt, ob ich ein Brot, einen Kuchen oder eine Pizza backe. Wichtig ist nur, dass man sich vorher überlegt, worauf man Hunger hat 😉

Das Theaterstück Lysander ist das erste Buch, das ich gemeinsam mit Daniel Nagel schreiben durfte

LandundKind: Erzähl uns ein wenig von Dead Girl Walking Press und wie ein junger Mann auf dem Land zum Geschichtenschreiber wird.

„Auf dem Land“ ist der springende Punkt. Wer kennt nicht die Sommerferien, in denen alle Freunde im Urlaub sind und die Langeweile zu einer richtigen Belastung werden kann. Auf diese Weise kam ich zum Lesen. Der Schritt zum kreativen Schreiben war dann nur noch eine Frage der Zeit.

Mit „Dead Girl Walking Press“ habe ich eine kleine Kreativgemeinschaft ins Leben gerufen, in der sich junge Menschen im Rahmen von kreativen Projekten ausleben können. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Schreiberei, sondern um die gemeinsame Arbeit und das Ausbrüten von Ideen und Welteroberungsplänen. Dabei wechselt die Besetzung von Zeit zu Zeit, so dass es durchaus vorkommen kann, dass ein Mitglied nur für den Zeitraum eines Projektes bei uns bleibt, während andere schon seit der ersten losen Formierung 1999 Teil der Gruppe sind. Und weiterhin gilt: bei uns ist jeder willkommen, der die gewisse Portion kreativen Wahn mitbringt.

LandundKind: Mit „Zeiss“ wagst du dich aktuell in eine ganz andere Umgebung. Wo nimmst du die ganzen Geschichten und Ideen her? Kennst du denn all deine Charaktere persönlich?

Die Idee zu „Zeiss“ ist beinahe so alt wie Dead Girl Walking Press und konnte seitdem wachsen und gedeihen. Dabei ist Science Fiction ein Bereich der Literatur, der schon viel länger auf meiner Das-möchte-ich-gerne-mal-machen-Liste steht. Und nach beinahe einem Jahrzehnt der Planung wird es Zeit, neue Wege zu beschreiten.

Gerade bei „Zeiss“ ist die Idee aus der Not heraus geboren. Der Markt war (und ist) bis unter das Dach voll mit generischen Fantasy- und Science Fiction-Werken, die zwar oft ganz ausgezeichnet geschrieben sind, aber sich nicht trauen, mit vorhandenen Konventionen zu brechen und etwas frischen Wind in dieses spannende Genre zu bringen. Bis auf ganz wenige Ausnahmen hat sich gerade unter deutschen Science Fiction-Schreibern eine gewisse Standesträgheit breitgemacht. Wer diese Art von Geschichten mag, ist dort natürlich gut aufgehoben und kann wirklich sehr viel Spaß damit haben. Für alle anderen ist Zeiss.

Meine Charaktere werden grundsätzlich aus der Fantasie heraus geboren. Das folgt natürlich immer einem gewissen Muster und kann eventuell rasch eintönig für den Leser werden. Deshalb nehme ich dann einzelne Charakterzüge von Personen, die ich kenne (und schätze) und verfeinere meine Figuren damit. Biografische Züge kann man bei genauem Lesen ebenfalls erkennen. Diese fallen mir auch jedoch oft erst dann auf, wenn mich ein Leser darauf anspricht und haben sich demnach ganz heimlich ins Buch geschlichen.

LandundKind: Ist es ein realistisches Ziel, irgendwann vom Schreiben leben zu können? Wäre das dein Traum? Oder soll das lieber dein geliebtes Hobby bleiben?

Wenn ich ehrlich bin, würde die Schreiberei für den Lebensunterhalt durch diesen Zwang viel von ihrem Zauber verlieren. Wenn ich nach der Arbeit am Schreibtisch oder in einem Coffeeshop sitze und bei einer Tasse Kaffee ein paar Zeilen schreiben kann, ist das eine sehr besondere Situation, deren Atmosphäre mir beinahe ebenso viel Freude bereitet, wie das Schreiben selbst. Es wäre sehr schade, wenn daraus ein Zwang entstehen würde. Ich möchte einfach sicherstellen, dass die zweifelsfreie Trennung zwischen Arbeit und Freizeit weiterhin gewährleistet ist, denn ich bin davon überzeugt, dass Kunst unterm Strich immer nur eines von beidem sein kann.

Allerdings kann ich mir eine einmalige Zusammenarbeit mit einem Verlag und damit verbunden eine kommerzielle Veröffentlichung durchaus vorstellen und würde diese auch nicht grundsätzlich ablehnen.

Auf der anderen Seite ist dann die Freude darüber, den einen oder anderen Euro mit seinen Geschichten verdient zu haben, noch größer. Und eine Tasse Kaffee, die man von den ersten Einkünften aus der eigenen Schreiberei heraus finanziert hat, schmeckt eben doch noch ein klein wenig besser.



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