Das Fasten hat viele Gesichter - Wie wäre es mit einem Spaziergang an jedem Tag

Gedanken zur Fastenzeit und zum Fasten: Jetzt fängt was Neues an

Das Fasten hat viele Gesichter - Wie wäre es mit einem Spaziergang an jedem Tag
Das Fasten hat viele Gesichter - Wie wäre es mit einem Spaziergang an jedem Tag?

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei“, den Satz haben wohl viele schon gehört. Vorbei ist dann die Karnevalssaison, und statt dessen steht die von Verzicht geprägte Fastenzeit bevor. In der Liturgie der Kirchen beginnt die Fastenzeit am Aschermittwoch und endet 6 ½ Wochen später mit dem Karsamstag, also dem Samstag vor Ostern. Da das Osterfest ein bewegliches Fest ist und immer am Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling gefeiert wird, sind auch die Daten der Fastenzeit beweglich. Dieses Jahr geht sie vom 22. Februar bis zum 7. April 2012.

Aber ist am Aschermittwoch wirklich alles vorbei? Ist dann Schluss mit Lebensfreude und Genießen? Vielleicht hilft es, zu wissen, dass die Fastenzeit noch andere Namen hat. Die evangelischen Christen nennen sie auch Passionszeit, in der Passion schwingt das Leiden Jesu Christi mit, aber Passion bedeutet auch Leidenschaft. Mir persönlich gefällt der Name „österliche Vorbereitungszeit“, weil darin zum Ausdruck kommt, dass die Fastenzeit auf Ostern hinführt. Mit dem Ostersonntag beginnt die fünfzigtägige Osterzeit, die bis Pfingsten andauert.

Die Fastenzeit ist also untrennbar mit Ostern verbunden, mit dem Fest, an dem Christen den Sieg des Lebens über den Tod feiern. So gesehen ist die Fastenzeit eine Chance zum Innehalten, eine Zeit, in der etwas Neues anfangen kann, wenn ich bereit bin, mich darauf einzulassen.

„Sieben Wochen ohne“ hieß vor ein paar Jahren eine Aktion der evangelischen Kirche. Andere Zeiten e.V. bietet die Aktion „7 Wochen anders leben“ an und verschickt an diejenigen, die sich zum Mitmachen entschließen, jede Woche einen Mutmachbrief mit vielen Anregungen.

Fastenzeit - Schluss mit Genuss? Nicht unbedingt!
Fastenzeit - Schluss mit Genuss? Nicht unbedingt!

Wie kann ich heute die Fastenzeit gestalten? Soll ich auf Süßigkeiten, Alkohol, Zigaretten, Kino oder Feiern verzichten, und wenn ja, was habe ich davon? Wer es ausprobiert, wird die Erfahrung machen, dass eine Zeit des Verzichtens hilft, danach wieder bewusster zu genießen.

Ich selber halte mich inzwischen lieber an das Motto „Sieben Wochen mit“. In einem Jahr habe ich mich bemüht, jeden Tag einen Psalm aus dem Alten Testament zu lesen. Ein anderes Mal war mein Vorsatz, jede Woche einen handgeschriebenen Brief zu schreiben. Jeden Tag eine halbe Stunde spazieren gehen, Brot selber backen, Lebensmittel aus fairem Handel kaufen, Zeit mit Menschen einer anderen Generation verbringen, vor Mitternacht ins Bett gehen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wie man diese Zeit gestalten könnte. Für manche ist es das echte Heilfasten, eine Fastenwanderung oder das körperliche Entschlacken mit Brennnesseltee. Wichtig ist, dass ich mir etwas vornehme, was sonst nicht zu meinem Alltag gehört – damit etwas Neues anfangen kann, damit ich neue Lebendigkeit spüre.

Wichtig ist auch, nicht zu verzagen, weil der Stress des Alltags stärker war als mein guter Vorsatz. Ich darf dann barmherzig mit mir selber sein und kann es am nächsten Tag wieder versuchen. Manchmal hilft es, sich mit jemand anders zum Fasten „zu verabreden“ und ab und zu darüber auszutauschen, wie es einem ergangen ist. Und nicht vergessen: Die Sonntage gehören zur vierzigtägigen Fastenzeit nicht dazu. An ihnen darf ich mein Fasten guten Gewissens unterbrechen – ein Zeichen, dass auch die kirchliche Liturgie barmherzig mit mir ist.

In diesem Sinne kann die Fastenzeit – egal ob Christ oder nicht – eine Zeit sein, in der Neues ausprobiert werden kann. Es ist gut, dafür eine feste Zeit zu haben, weil ich sonst viele Ausreden finde, warum ich noch nicht diesen Monat damit anfange.

„Es fängt was Neues an, und ich geh‘ einfach mit“ heißt es in einem Lied von Monika Wunram, Amei Helm und Gila Antara. Wer sich jetzt angesprochen fühlt, ist zum Mitgehen in der Fastenzeit herzlich eingeladen.

Angela Zawilla 



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