Ich hab lange nachgedacht, ob ich meine Meinung zu Castingshows mal zu einem Artikel mache. Da nun selbst die ZEIT regelmäßig diese Sendungen zum Anlass eines Artikels macht, denke ich mir, es kann nicht so schlimmen Schaden anrichten …
Zu Castingshows habe ich von Beginn an eine sehr eigene Meinung und ein sehr eigentümliches Verhältnis. Mit denen ist es ja ein wenig so wie mit McDonald’s. Deren Umsätze steigen auch immer weiter, ohne dass da irgendwer hingeht. Nicht wahr? Und Castingshows guckt außer mir eben auch keiner. Zumindest nicht öffentlich. Warum die Formate so erfolgreich sind, müssten wir Ludwig Bechstein oder die Gebrüder Grimm fragen. Denn die haben bereits den Zauber einer Aschenputtel-Geschichte erkannt und aufgeschrieben. Denn nichts anderes ist eine Castingshow, ein Märchen vom schmutzigen Aschenputtel, dass zum glänzenden Schwan wird. Womit wir übrigens in einem Schlag den Zauber von Lady Diana Spencer entmystifiziert hätten: Eben auch ein Aschenputtel!
Wer nicht die Qualität hat von Bruce Springsteen, der wird auch nicht der Boss
Und nur diese Geschichte ist es die zählt. Es geht nicht um den Erfolg nach der Geschichte. Der wird ja so oft kritisiert und bemängelt. Was ich nicht unbedingt verstehen kann. Die Leute, die bei Popstars, DSDS und Co. gewinnen, haben nicht die Qualität von Bruce Springsteen und deshalb werden sie auch nicht der Boss. Die Gewinner verdienen laut Medienaussagen zwischen 500.000 und 1.000.000 Euro. Das reicht aus meiner Sicht für jemanden, der aus dem Nichts kommt. Alexander und Bahar singen in Musicals, was ja auch keine Schande ist und auch die anderen Ex-Sieger von Castingshows finden sich hier und da in den Medien wieder. Sandy Mölling zum Beispiel hat sicher genug verdient. Dieses Gejammer, aus den Show-Siegern würde nix, kann ich also nur bedingt nachvollziehen. Die 500.000 Euro hätte ich gern! Das die Sender damit ganz andere Summen einfahren, steht auf einem anderen Blatt. Gerecht ist das sicher nicht. Aber sollte Pietro jetzt nicht besser dran sein als vorher beim Flaschensortieren? Ich denke doch!
Ich gucke gern Castingshows. Aber eigentlich erst nach der Auswahl. Dieses an den Pranger stellen nicht-talentierter Möchtegern-Prinzen und -Prinzessinnen liegt mir nicht. Und genau das ist das Schöne an „The Voice of Germany“. Da geht es nicht um Äußerlichkeiten (bis jetzt), da die Jury die Kandidaten erst hört, bevor sie sie sieht. Und die Sänger sind vorab handverlesen, viele leben bereits von der Musik. Sofort fürchtet man, dass der Castingshow-Gedanke dabei sterbe. Dem ist aber nicht so. Denn das Publikum gönnt es einer fantastischen Musicalsängerin genauso, ein Star zu werden, wie ihrer Nachbarin.
Das Musik-Business ist, genau so wie alle anderen Bereiche der Kunst, ein sehr hartes Geschäft. Da gibt es viele, die gern weiter nach oben kommen würden.
Ich mag Märchen! Und ich bin gern auch mal ein wenig naiv. Vielleicht nicht so naiv, wie eine 16Jährige, die bei Popstars mitmacht und denkt sie wird schon morgen sein wie Madonna. Aber doch naiv genug, um mir an einem Donnerstag Abend neben meiner besten Freundin auf dem Sofa Menschen anzuhören, die singen können, mich über eine sympathische und wirklich hochkarätige Jury zu freuen und einmal zwei Stunden lang nicht das Augenmerk auf das Böse in der Welt richten zu müssen. Donnerstag ist meine Zeit für Aschenputtel!
Ich hab durch Zufall reingezappt und bin sonst ganz und gar kein Fan von diesen Shows, aber fand the Voice of Germany ist das perfekte Gegenstück zu den sonstigen Pseudotalentshows und Ätz-Jurys. Talentierte Kandidaten, dazu eine sympathische Jury aus gestandenen Musikern, die allesamt viel Erfahrung im Musik-Business haben, was will man mehr. Ich fands ganz unterhaltsam und auch musikalisch eine ganz andere Liga, wir schauen am Donnerstag zur „Battle“ bestimmt wieder rein 🙂