Wann ist man ein Landkind?

Entdeckungsreise eines Landkinds auf der grünen Wiese
Entdeckungsreise eines Landkinds auf der grünen Wiese

Ich komme viel rum, treffe viele neue Menschen. Und wie das so ist, man tauscht sich aus: Woher kommst du? Wo wohnst du? Wie wohnst du? Was machst du?

Interessanterweise höre ich sehr oft „Ich komme aus Unna, Mainz, Oldenburg, Schwerin, son Kaff in der Nähe von …“ Ich muss dann immer schlucken, denn selbst mit „Dörfern“ wie Hildesheim, Bielefeld und Göttingen kann mein Dorf nicht mithalten. Sind also alle Menschen, die sich so fühlen, als wäre ihr Heimatort ein Dorf, auch Landkinder? Bzw. ist man ein Landkind, wenn man aus dem Dorf Schwerin kommt?

Die Wahrnehmung des eigenen Wohnorts ist also – vorsichtig formuliert – sehr individuell. Das mag daran liegen, dass man sich meist nur am Größeren und vermeintlich Besseren orientiert. Klar, wenn ich in Gütersloh wohne, dann scheint Stuttgart mehr zu rocken und was ist dann erst mit Berlin oder München? Stadtbewohner machen also gegebenenfalls ihren Status daran fest, wieviel in ihrer Stadt los ist. Und ehrlich gesagt, mir geht es da in Wahrheit nicht anders: im nächstgrößeren Dorf gibt es einen kleinen Supermarkt und einen Bäcker, das ist schon ein Luxus, oder? Der gleiche Gedanke in einem etwas anderen Maßstab.

Da, wo ich wohne, da wohnen außer mir nur 382 andere Leute und aus meiner Sicht sind die vom Land. Allerdings sind sie nicht alle Landkinder! Bei vielen merkt man es schnell, dieses Kribbeln, was ihnen innewohnt. Der Studienort wird da nicht nach der besten Uni gewählt, sondern nach dem Party-Level der Stadt, oder schlicht ihrer Größe. Der Ausbildungsort wird möglichst weit weg gewählt usw. Also nicht allein die Herkunft entscheidet darüber, ob man zum Landkind wird.

Mir ging es so, dass ich während des Studiums, morgens auf dem Weg zur S-Bahn schon den Gestank der Luft verflucht habe. Vor allem im Sommer, wenn man das Gefühlt hat mehr Abgase einzuatmen als Sauerstoff. Ich bin auch im dritten Studienjahr noch jedes Mal aufgewacht, wenn die Bahn den nahegelegenen Bahnhof passiert hat. Und bei der erstbesten Gelegenheit zog ich wieder in ein Dorf. Damit keine Missverständnisse aufkommen, ein richtiges Dorf, keine Kleinstadt oder sogar noch größer. Ein Dorf. Und da kam für mich die Erkenntnis: Meine Liebe, du bist und bleibst ein Landkind!

Meine feste Überzeugung ist, dass es viele von uns gibt und zwar überall, denn wer weiß wo das Schicksal uns festhält? Landkinder finden sich also auch in New York, Sydney und Hong Kong. Und natürlich hier bei mir nebenan.

Wenn Sie jetzt für sich ein für allemal klären möchten, ob sie ein Landkind sind, dann machen Sie den Land-und-Kind Landkind-Test:

1. Wieviele Menschen aus ihrem Wohnort kennen Sie mit Namen?
a) 25

b)100

c) alle

 

2. Wieviele Bauernhöfe gibt es in ihrem Wohnort?

a) leider keinen

b) Gott sei Dank keinen

c) einen

d) mehr als einen

 

3. Wie sieht ihr Traum-Zuhause aus?

a) ein renovierter Bauernhof

b) eine luxoriöse Penthouse-Wohnung

c) ein kleines Häuschen mit großem Garten

d) ein Bauwagen am Stadtrand

 

4. Wie weit sollte der Weg zur Arbeit höchstens sein?

a) so nah wie möglich

b) egal, ich fahre gern Auto

c) zumindest mit Öffis erreichbar

 

Es gäbe noch viele Fragen und Kriterien, ich bin mir aber sicher, dass man weiß, ob man ein Landkind ist. Ganz ohne Test. Mich beruhigt es zu wissen, dass ich ein Pferd haben könnte, wenn ich wollte – auch wenn ich gar nicht will. Oder einfach zu wissen, dass meine Kinder hier in der Natur aufwachsen. Wir auch im kleinen Freibad in unserer Straße noch so etwas wie Geborgenheit empfinden und vor allem: Der Blick aus dem Fenster mich glücklich macht. Was ist es bei euch?