Es ist doch komisch wie unterschiedlich Menschen sind. Mein Bruder braucht bis heute Musik, Fernsehgeräusche oder Hörspiele, um sich beim Lernen konzentrieren zu können. Ich bekäme da nichts in den Schädel hinein. Um mir Dinge zu merken, brauche ich eine ruhige und gemütliche Umgebung. Als Schulkind lernte ich in eine Decke eingekuschelt mit dem Rücken an der Heizung.
Ganz anders, wenn ich nach einer guten Idee suche, dann brauche ich Lärm. Der beste Platz um mir etwas Gutes einfallen zu lassen ist daher das Auto. Jetzt, wo ich wieder zur Arbeit fahre, ist mir das ganz besonders deutlich geworden. Dinge, über die ich mir hier zu Haus stundenlang den Kopf zerbreche, fallen mir reihenweise ein, wenn ich im Auto unterwegs bin. Da wird der iPod ans Autoradio angeschlossen und schon rollt meine Privatdisko durch die heimatliche Umgebung. Besonders die kreativen Themen fürs Theater löse ich auf diesem Weg: Die Musikauswahl fürs neue Stück, Kostümideen, Text-Änderungen, Rollenbesetzung, all diese Dinge fallen mir während der Fahrt ein. Deshalb liegen auch immer Kalender und Notizbuch auf dem Beifahrersitz. Am Zielort angekommen, schreib ich gleich alles auf. Denn viele gute Ideen sind schon wenige Minuten später wieder weg.
Heute hatte ich eine ganz besonders wertvolle Idee. Für das im nächsten Jahr geplante Stück. Ich war so aufgeregt, dass ich das dazugehörende Lied immer und immer wiederholt habe. Auch auf der Heimfahrt. Dann hab ich mich entschieden, diesen Artikel zu schreiben.
Es gibt ja viele Ansätze sich etwas zu merken und auch dafür, kreative Ströme in Gang zu setzen. Die Umgebung ist, da bin ich mir sicher, ganz entscheidend dafür ob gute Ideen sprießen oder nicht. Viele Autoren suchen die Nähe zu Menschen, um später ihre Charaktere mit den richtigen Eigenschaften ausstatten zu können. Modeschöpfer suchen exotische Plätze auf, um Schnitte und Farben zu finden. Bei mir ist nahezu alles verknüpft mit Musik. Ich habe für jeden meiner Freunde und für jedes Familienmitglied ein Lied. Ein Lied, dass für mich die Person am besten widerspiegelt. Und solche Lieder gibts für Orte, Begebenheiten usw. Ich glaube das ist der Grund, warum mir bei Musik so viel einfällt. Sie ist unweigerlich verknüpft mit unzähligen Erinnerungen und Musik malt ja auch immer Bilder. Bei Musik male ich auch besser.
Na ja und dann die „Ruhe“ im Auto. Also das Alleinsein. Hier zu Haus schwirrt immer etwas um mich rum. Wann haben wir Eltern schon die Muße uns zu verkrümeln und bei lauter Musik kreative Gedanken zu entwickeln?
Kreativer Raum ist für mich also irgendwie eine Mischung aus Zeit und Musik. Ich freu mich jetzt richtig aufs Autofahren, obwohl ich das eigentlich gar nicht leiden kann.
Das ist schon paradox.