Bauerplay? Ne, harte Arbeit auf dem Feld.

Begrifflichkeiten – Wortschöpfungen und Wortdrechslereien

Oder: Was einem unterwegs so begegnet

Meine Güte, wir Deutschen sind ein so findiges Völkchen. Wir finden garantiert alles! Auch, wenn es gar nicht gesucht wurde oder besser im Verborgenen bliebe. Neue Wörter und Phrasen gehören selbstverständlich dazu.

Bauerplay? Ne, harte Arbeit auf dem Feld.
Bauerplay? Ne, harte Arbeit auf dem Feld.

Wir lieben es, wie es scheint, Wörter zu schöpfen und Phrasen zu kreieren.

Einmal im Auto unterwegs, da bemerkt man, dass es jetzt nicht mehr Flohmarkt, sondern „Erlebnis Trödel“ oder „Event Trödel“ heißt. Ist ja auch sofort schicker, oder? Ist wie mit den Giga Perls im Waschmittel, die auch nicht größer sind als die Mega Perls, gell?

Eine riesige Plakatwerbung der Firma Claas (die bauen Landmaschinen) haut mich fast aus den Socken: Da werden Landmaschinen abgebildet und daneben steht „Bauerplay“. Juchu! Das ist noch recht witzig. Zumindest für diejenigen von uns, die wissen wie sehr die Bauern ihre Maschinen lieben. Doch letztlich hat das mit Spiel nichts zu tun, sondern ist harte Arbeit auf dem Feld. Am Kühlhaus 50 Meter weiter prangt die Aufschrift „Nice to meat“. Sind wir denn alle Phrasen-verrückt geworden?

Die Firma KIK wirbt für sich als Arbeitgeber mit den Worten: Lieber echte Karriere, als falsche Ideale. Wo sind wir hier bitte? Da wirbt man bei einer Billig-Kette, deren Mitarbeiter wir mal zu ihrem Lohn-Niveau befragen sollten, mit solchen Sprüchen? Nun gut, dass die für Ideale im Allgemeinen nicht viel übrig haben, ist bei dem Prozentsatz kindergefertigter und chemieverseuchter Ware wirklich kein Wunder. Hier steuert derzeit Sina Trinkwalder von manomama dagegen. Kein Wunder, da ihre Firma sehr wohl Ideale verfolgt. Gute Ideale, wie mir scheint. Ein Lichtblick!

Kann ich nicht ernstnehmen!
Kann ich nicht ernstnehmen!

Viele fragen sich doch ehrlich beim Lesen dieser Botschaften, was die nächste Steigerung zu diesem Wortsalat werden soll? Immer wenn ein Wort abgenutzt ist, dann geben wir alles, um ein Neues zu finden. Fragt doch den Facility-Manager und die Office-Managerin. Vorübergehend haben sich diese Paradebeispiele vielleicht wohler gefühlt mit ihrem neuen Titel, aber was ist denn bitte falsch daran, Sekretärin oder Hausmeister zu sein? Und mit den ganzen Managern geht es sicher eh bald den Bach runter, so inflationär wie dieser Begriff verwendet wird.

Die Werbung tut uns dabei das Schlimmste an. Denken die denn, wir sind alle vollkommen verblödet? Nach „Geiz ist geil“ nun auch noch noch „Geil ist geil“? Mal abgesehen davon, dass beide Sprüche derartig im Widerspruch zueinander stehen: Als das Wort „geil“ in den 80ern zum Modewort wurde, da hat mein Vater mir verboten es zu benutzen. Die Begründung ist natürlich in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes zu finden, welche mit Sicherheit auch nicht in den Sprachgebrauch einer 10-Jährigen gehört. Aber davon ab: Das spricht mich doch nicht an, schreckt eher ab. Scheint aber sehr erfolgreich zu sein. Verstehen kann ich das nicht.

Es werden auch immer mehr Absonderlichkeiten „legal“, also von der breiten Masse geduldet. Warum? Der Grund entzieht sich mir. Müssen wir wirklich zum Wohle der Wirtschaft alle Register ziehen? Jede Grenze überschreiten für noch mehr Profit?

Ich hänge wohl irgendwie in der Zeit fest, als Musikvideos von George Michael und Madonna noch verboten wurden. Oder wie?

Nein, ganz sicher nicht! Ich hab nur keine Lust, mich in meiner eigenen Sprache für dumm verkaufen zu lassen.



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