Ein Kleinkind beim Fernsehen

Elternsein dagegen sehr: Die Suche nach dem Eltern-Gen

Kleines Mädchen auf dem Weg in den Kindergarten
Da wird einem ganz anders - ist die wirklich schon so groß geworden?

Elternwerden ist nicht schwer, so sagt der Volksmund

Was macht uns zu guten, zu richtig guten Eltern? Denn das, einmal vorausgesetzt dass wir unsere Kinder über alles lieben, ist es doch was wir erreichen wollen: den ausbalancierten Zustand von immerwährendem Glück oder zumindest Zufriedenheit. Und wenn man es nicht lernen kann, das Elternsein, ist es dann vielleicht genetisch bedingt oder vererbt?

Ich als Papa empfinde uns Eltern in einem ständigen Konflikt zwischen zuviel und zuwenig: sind wir zu streng mit der Großen, die jetzt schon ihr erstes Zeugnis bekommen hat und sich selbst über jeden Rechenfehler vermutlich mehr ärgert als wir? Verlangen wir zuviel von der Kleinen, die sich morgens im Kindergarten bitterlich weinend beschwert, dass Mami oder Papi nicht den ganzen Vormittag dableiben können? Oder ist es genau andersherum, sind wir zu nachlässig, zu liebevoll – kann es das überhaupt geben? Wir leben auf dem Land, das Umherfahren für die Termine der Kinder ist uns also selbstverständlich und allgegenwärtig. Und dann am Abend: jeden Tag Fernsehen, muss das wirklich sein?

Vielleicht hilft da ein Blick auf unsere Eltern und wie wir – hauptsächlich in den goldenen Achtzigern – erzogen wurden. Ich erinnere mich, wie ich als kleiner Steppke – Zweit- oder Drittklässler, auf jeden Fall noch in der Grundschule – durch die halbe Kleinstadt gelaufen bin, um meinen Freund zum Spielen zu besuchen. Und was hat das letztendlich bei mir bewirkt: Ich wurde selbständig, habe mich allein in der Stadt zurechtgefunden. Möglicherweise hatte ich Angst vor den großen Erwachsenen (mit ein Grund, warum ich gelaufen bin), aber ich habe meinen Weg durch die Straßen gemacht. Das würden wir unseren Kindern heute kaum zugestehen, vielleicht sind wir da viel zu ängstlich.

Ein Kleinkind beim Fernsehen
Kleine Püppi starrt gebannt auf den Fernseher: machen wir es uns zu leicht?

Das andere leidige Thema ist das Fernsehen

Früher gab es keine Spartenkanäle, zunächst noch nicht mal Privatsender. Wenn man krank war, durfte man morgens Sesamstraße oder Hallo Spencer gucken – wenn nicht, dann musste man in die Schule und die richtig coolen Serien wie Heidi, Nils Holgersson und Co. liefen nur in den Ferien. Wenn es dann aber schön sonnig war (in das Lied „Wann wirds mal wieder richtig Sommer“ stimme ich jetzt nicht auch noch ein), musste man sowieso nach draußen und dann war es wieder nix mit Fernsehen. So war das nämlich. Ich hatte anfangs nur einen Freund mit Videorekorder, darauf gab es dann die Sachen für die Großen zu sehen wie Superman. Aber in aller Regel saßen wir auf die Art nicht jeden Tag vor der Glotze oder der Konsole, die kamen auch gerade erst auf den Markt.

Also, war nun früher alles eitel Sonnenschein und heute ist alles schlecht? Was die genannten Punkte Selbstständigkeit und tägliches Fernsehen betrifft, so gibt es bei mir sicherlich eine gewisse Verklärung der eigenenen Kindheit. Kann mich kaum erinnern, dass ich ab einem gewissen Alter nochmal irgendwohin gefahren wurde, bei Eis und Schnee saß ich auf dem Fahrrad. Heute machen wir es uns allzuleicht: schnell staubsaugen, nebenbei den Fernseher für die Kinder anschalten. Schnell noch einen Blog-Eintrag posten, die Große darf an den anderen Computer und spielen.

Andererseits: was wäre wenn mich damals auf dem Weg durch die Altstadt jemand „weggeschnappt“ hätte, der berühmte Schwarze Mann? Nun, das lässt sich leider nicht ganz ausschließen und bei dem Gedanken wird mir heute noch ein bisschen mulmig. Meine Eltern hat das entweder nicht gekümmert oder sie haben das Risiko vorher sorgfältig abgewogen (ich hoffe mal Letzteres). Und damit komme ich zurück zum Anfang des Artikels: das muss als Elternteil leider jeder selbst wissen. Wieviel Freiheit und damit auch Raum zur Entwicklung geben wir unseren Kindern und ab wann? Sollte man sie auch schon mal als Erstklässler allein mit dem Rad losziehen lassen, ohne mit dem Auto hinterherzufahren? Wieviel Entspannung und Babysitting darf das TV für uns übernehmen? Braucht die Große ein tägliches Stundenkontingent für Fernsehen und Computer (wir haben eines)? Sollte man auf jeden Fall einen fernsehfreien Tag einbauen (haben wir noch nicht)?

Kleines Mädchen in Engelsverkleidung, Krippenspiel, Fasching, Karneval, Weihnachten
Flieg, kleiner Engel, aber nicht zu weit weg: wir Eltern schwanken ständig zwischen zuviel und zuwenig

Das berühmte „unsere Kinder sollen es doch besser haben als wir“

Wir lieben unsere Kleinen, keine Frage. Wir wollen immer nur das Bestmögliche für sie. Doch früher war es nicht soo schlecht. Hat es uns in der Bundesrepublik der Achtziger an irgendetwas gefehlt? Nicht wirklich. Versuchen wir das beste aus „beiden Welten“ zu vereinen. Planen wir den Sonntagnachmittagsspaziergang fest ein, auch bei Regen. Nehmen wir ein Baumbestimmungsbuch mit (oder eine App, ja um Gotteswillen!) und lernen wir in der Natur. Fragen wir unsere Kinder, ob sie mit uns Käse machen wollen, die sagen bestimmt nicht nein.

All das können wir tun, aber besser als unsere Eltern zu werden, das ist mir beim Schreiben klar geworden, werden viele von uns kaum schaffen. Nur anders, moderner. Und dafür war es sicher ganz gut, dass sie uns früher einfach mal haben machen lassen. Das Eltern-Gen ist noch nicht gefunden worden, zum Glück, sonst wäre ja alles planbar. Wir wissen längst nicht immer, was gut und schlecht ist, aber wir können darüber nachdenken und vieles ausprobieren.

Dabei will Land-und-Kind.de helfen und freut sich – wie immer – auf Rückmeldungen zur Diskussion!

Stefan
der Land-und-Kind Papa



3 Comments

  1. Du schreibst mir aus der Seele ;-). Ich glaube man kann Früher und Heute nicht wirklich miteinander vergleichen. So durfte ich früher auch alleine abends durchs Dorf gehen – an der Hauptstraße entlang. Ich weiß nicht wann ich das meiner Tochter erlauben würde. Man hört heute viel mehr über Gefahren und verschleppte Kinder wie es früher der Fall war. Da machten sich die Eltern nicht so viele Sorgen, weil es in den (damals nicht so präsenten) Medien auch nicht so drall auf sie einwirkte.

    Fernseh läuft hier auch jeden Tag. Oftmals auch für mich, damit ich in Ruhe kochen kann, oder eben mal saugen. Ja, ich mache es mir dadurch einfach, aber wie sagt meine Mutter dann zu mir: „Ihr habt auch viel fern gesehen“. Klar, kam da nicht so viel wie heute. Ich weiß noch, dass ich immer gern Urlaub bei meiner Tante gemacht habe, die in der Großstadt wohnte und Kabelfernsehen hatte. Da saß ich dann ab 6 Uhr morgens und hab Bim-Bam-Bino geschaut :-D.

    Als halbtags arbeitende Mutter ist es auch nicht immer so leicht sich nachmittags ausdauernd mit dem Kind zu beschäftigen. Das ist zwar traurig, dafür versuchen wir an den Wochenenden es wieder etwas wett zu machen. Und jetzt wo der Frühling vor der Tür steht können wir auch bald wieder öfter raus.

    • Ja, das kenne ich nur allzugut, das Fernsehgerät zur Beruhigung fürs Kind und für einen selbst. Dabei ist auch sicher nix Schlimmes, wir versuchen dann zu anderen Zeiten wieder die entsprechenden Akzente zu setzen. Die Woche über haben wir alle mit Erkältung ziemlich in den Seilen bzw. auf dem Sofa gehangen – gestern ging es dann raus zum Sandkasten: trotz verstopfter Nasen 🙂

  2. Der „Job“ Mama oder Papa war wohl schon zu allen Zeiten anstrengend und fordernd: Irgendwie wollen Eltern ihre Brut ja auch das Leben vorbereiten, das gerade parallel passiert… Ob jetzt mit Buch oder Pad. 🙂